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Frank Richter - 1a-faksimile
 
Der Breslauer Psalter
Summe europäischer Buchkunst


Der Breslauer Psalter versetzt den Betrachter durch seinen großen Ausstattungsreichtum in Verzückung: Auf jeder Seite strahlt und funkelt das auf Hochglanz polierte Blattgold, leuchten die Farben und beeindruckt die Vielfalt der Motive. Überall spürt man hier die Freude am kostbaren Buchschmuck und die Erzähllust der beteiligten Künstler. Entdecken Sie eine ganz neue, reiche und beglückende mittelalterliche Bilderwelt, in der verschiedene Einflüsse und Traditionen der europäischen Buchmalerei zusammenkommen und kunstvoll zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen. Ein einzigartiges Bildprogramm illustriert die 150 Psalmen und die Lobgesänge aus dem Alten Testament. Daneben bleibt viel Raum für spielerische Phantasie. Staunen Sie über den wunderbaren Reichtum dieses Psalters!


Ein europäisches Kunstwerk
Der Breslauer Psalter steht exemplarisch für die Mobilität der mittelalterlichen Künstler und den kulturellen Austausch zwischen Ost und West, Nord und Süd. Deutsche Schreiber haben den Text geschrieben. Ein aus Padua stammender Buchmaler, der Meister des Giovanni di Gaibana, hat als Hauptmeister dem goldglänzenden Psalter sein unverkennbar italo-byzantinisches Gepräge verliehen. Nach seinen Vorgaben arbeitete ein ganzes Team von schlesischen Buchmalern. In der von ihnen geschaffenen Bildwelt verbinden sich Goldhintergründe und östlich inspirierte Kuppeldächer mit dem abendländischen Formenrepertoire. Insulares Flecht- und Blattwerk ist hier ebenso zu finden wie französisches Fleuronnée.


Ein Bild für jeden Psalm Im Breslauer Psalter sind jeder der 150 Psalmen und die Lobgesänge aus dem Alten Testament mit einem Bild geschmückt. Insgesamt zieren 168 Randbilder auf Goldgrund die Textseiten, manchmal bis zu drei auf einer Seite. Die Bilder sind ganz auf König David ausgerichtet und vom Inhalt des jeweiligen Psalms inspiriert. Es muss ein hochgebildeter Theologe, vielleicht der Breslauer Hofkaplan, gewesen sein, der dieses Bildprogramm zusammengestellt hat, für das es sonst keine Vorlage gibt. Psalm für Psalm hat er sich offenkundig überlegt, welcher Vers am geeignetsten war, um die Botschaft des Psalms zu illustrieren. Seine dementsprechenden Anweisungen an die Buchmaler setzten diese dann mit der größten Kunstfertigkeit um.

            


Herzogliches Schaustück
Der Breslauer Psalter ist so reich mit Bildern und Gold ausgestattet, dass er im Mittelalter den Gästen der schlesischen Herzöge am Breslauer Hof bei passenden Gelegenheiten als Schaustück präsentiert worden ist. Seine überaus kostbare Ausstattung, die Betonung böhmischer Heiliger im Kalender und die weiblichen Gebetsformeln lassen Anna von Böhmen (1204 - 1268) als Auftraggeberin vermuten. Sie war die Witwe Herzog Heinrichs II. von Schlesien. Ihr Sohn Heinrich III. regierte zusammen mit seinem jüngeren Bruder Władisław das Herzogtum Schlesien-Breslau. Władisław war 1265 zum Studium nach Padua gegangen. Nach seiner Wahl zum Erzbischof von Salzburg nahm er von dort den Gaibana-Meister mit in seine Heimat.

Im Breslauer Psalter lassen die Buchmaler ihre Figuren in den Miniaturen und Randbildern auf goldenem Grund, der die göttliche Sphäre symbolisiert, in phantasievollen Architekturen mit Kuppelbaldachinen auf zarten Säulen, mit Spitzbögen, gotischen Drei- und Vierpässen und länglichen Satteldachhäusern auftreten. Besonders fein sind die Gesichter der Figuren gestaltet, manche davon so individuell, dass sie fast porträthaft wirken. Im Mienenspiel der Gesichter und der Haltung der Körper spiegeln sich klar erkennbare Emotionen wider. Dabei lässt sich beobachten, dass die Buchmaler, wenn es um den Ausdruck von Gefühlen der Trauer geht, ein starkes Gewicht auf die Darstellung von Empathie und Mitleid legen. Im Detail scheint hier daher etwas zutiefst Menschliches auf.

Ergreifend hat der Buchmaler auf fol. 99r die Grablegung Christi dargestellt. Behutsam wird der Leichnam in einen Marmorsarkophag gelegt und vorher noch gesalbt. Um den Sarkophag sind Männer und Frauen, Alte und Junge gruppiert, deren sanfte Gesichter mit großer Sorgfalt modelliert sind. Mimik und Gestik drücken Trauer und Mitgefühl aus. So ist etwa die an die Wange gelegte Hand der seit frühester Zeit geläufige Trauergestus. Gleiches gilt für die verzweifelt ineinander gelegten Hände. Auffällig sind hier die Unterschiede in der Blickführung. Die Frauen scheinen in ihre schweren Gedanken versunken zu sein und blicken aus dem Bild heraus. Die Blicke der Männer, die den Leichnam mit verhüllten Händen halten und salben, sind indes ganz auf den toten Christus gerichtet.



Geheimnisvolle Kreise
Im Breslauer Psalter findet sich wiederholt ein ungewöhnliches Schmuckelement. In einigen Miniaturen und großen Zierinitialen haben die Buchmaler den Goldhintergrund mit feinen Kreisen und Halbkreisen verziert, deren Fläche wie ein weiteres Mal poliert wirkt. Die Kreise sind perfekt; manchmal sind sogar noch die Einstiche des Zirkels zu sehen. Mit welcher Technik die Buchmaler die Goldflächen nachbearbeitet haben, konnte bislang nicht restlos geklärt werden. Daher waren hier die Spezialisten der Faksimilierung gefordert, in zahllosen Tests und Versuchen ein Verfahren zu entwickeln, mit dem diese Kreisflächen im Faksimile ebenso effektvoll wie im Original wiedergegeben werden können.

Goldeffekte
Im Breslauer Psalter stehen auf nahezu jeder Seite entweder eine Miniatur auf Goldgrund oder eine Vielzahl goldener Initialen. Vor allem bei den 168 Randbildern kommen dazu noch feinste Gold-auf-Gold-Malereien sowie Punkt-Punzierungen auf dem Gold. Bei der Faksimile-Herstellung bedeutet dies einen zeitlichen Mehraufwand, allein was die Erstellung der Goldauszüge durch den Lithographen und den Andruckvergleich mit dem Original betrifft. In eigenen Druckdurchgängen werden das Gold und seine effektvollen Verzierungen auf das pergamentartige Spezialpapier aufgebracht und später beim Blättern im Faksimile durch den Lichteinfall zum Leben erweckt.

Andruckvergleich mit dem Original in Cambridge



Handschrift und Faksimile im Überblick

Der Breslauer Psalter fasziniert den Betrachter im Original wie im Faksimile als ein Meisterwerk europäischer Buchkunst durch seine prachtvolle Ausstattung. Er ist eines der reichsten Psalterien der Buchmalerei. Strahlendes Gold und kostbare Farben auf jeder Seite!

Handschrift: Cambridge, Fitzwilliam Museum, MS 36-1950
Entstehungszeit: ca. 1265
Entstehungsort: Breslau
Format: ca. 32,6 x 22,7 cm
Umfang: 294 Seiten (147 Blatt)
Künstler: Meister des Giovanni di Gaibana zusammen mit italienischen und schlesischen Buchmalern und deutschen Schreibern
Auftraggeber: höchstwahrscheinlich Anna von Böhmen, Schwiegertochter der heiligen Hedwig und Mutter Herzog Heinrichs III. von Schlesien-Breslau
Ausstattung: 28 ganzseitige Miniaturen, 10 Initialzierseiten, 168 Randminiaturen,
goldene Initialen auf mehrfarbigem Grund, goldener und farbiger Zeilenschmuck, Ornamente
und figürliche Szenen auf den Blatträndern, 36 Kalendermedaillons
Einband: schlicht-eleganter heller Ledereinband
Kommentarband von Nigel J. Morgan / Stella Panayotova / Paola Ricciardi

Die Faksimile-Edition erscheint im Sommer 2018.

Preis: EUR 8.800,00

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